Homeoffice in der Feuerwehr - Die Freiwillige Feuerwehr Schwalbach am Taunus schafft multifunktionale Arbeitsplätze

Schwalbach am Taunus (ots) - Vorwort:

Gerne möchten wir, die Feuerwehr Schwalbach am Taunus, über ein Projekt informieren, das wir nunmehr seit etwas über einem Jahr am Laufen haben und am 14.12. auch offiziell beendet haben. Im Kern geht es hierbei darum, unser bestehendes Personal besser an die Feuerwehr zu binden, aber auch die Feuerwehr als solches leistungsstärker aufzustellen. Unser Ansatz hierfür war das Schaffen einer Homeoffice- und Kreativ-Zone im Feuerwehrhaus, in der die Einsatzkräfte tagsüber in modern ausgestatteten Büroräumen im Homeoffice ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen oder bspw. für die Uni arbeiten können und für den Tagesalarm zur Verfügung stehen. Zusätzlich sollen diese Räume aber auch für die Arbeit an Feuerwehrprojekten genutzt werden können um bspw. gemeinsam Konzepte zu erarbeiten, Übungsdienste vorzubereiten oder auch in theoretischen Unterrichten bei Aufteilung der Gesamtgruppe als Schulungsraum zum Einsatz kommen. Darüber hinaus sollen uns als Feuerwehr diese Räumlichkeiten bei größeren Einsatz- und Unwetterlagen als Lagestab und zur Einsatzdisposition als ortsfeste Befehlsstelle dienen, da wir davon ausgehen, dass solche Lagen in Zukunft weiter zunehmen werden und die vergangenen Lagen zeigten, dass unsere derzeitige Funkzentrale hier an ihre Grenzen stößt. Technische Neuerungen die uns in solchen Lagen unterstützen sollen, wie Software zur selbstständigen Einsatzdisponierung mit dynamischen Lagekarten, sind dort nicht oder nur schlecht nutzbar.

Hintergründe dieses Ansatzes:

Um die Hintergründe des Ansatzes besser zu verstehen muss man wissen, dass die Stadt Schwalbach direkt ans Stadtgebiet Frankfurt grenzt. Hierdurch ergibt sich, dass die Mieten im Stadtgebiet sehr hoch sind und die Gefahr groß ist, dass junge Mitglieder, die wir in unserer Jugendarbeit aufwendig ausgebildet und an die Einsatzabteilung herangeführt haben, kurz- und mittelfristig ins Umland abwandern, wo der Wohnraum günstiger ist. Die meisten der 18-30 Jährigen wohnen laut unserer Evaluation aktuell mit Lebenspartner*in in einer gemeinsamen 2-3 Zimmer Wohnung, wobei die wenigsten hier über ein eigenes Arbeitszimmer verfügen, sie aber theoretisch die Möglichkeit haben für ihren Arbeitgeber von zu Hause oder Unterwegs aus zu arbeiten. Auch die Einsatzkräfte über 30 Jahre haben nicht unbedingt ein Arbeitszimmer und arbeiten dann bspw. am Esszimmertisch. Durch die Nähe zu Frankfurt ergibt sich zusätzlich, dass wir im Kreis der Einsatzkräfte viele Pendler haben und auch die Zahl derer, die beruflich nur für einen kurzen Zeitraum in der Region wohnen und dann wieder weg ziehen zu nimmt. In der Feuerwehrführung gehen wir davon aus, dass sich dieser Trend in Zukunft noch verstärken wird, wobei ein Verfügbarhalten solcher Räumlichkeiten hier zusätzlich für Attraktivität der Feuerwehr sorgen kann. Nicht außer Acht gelassen wurde hierbei auch der gesellschaftliche Trend in der Dienstleistungsbranche, weniger physikalische Arbeitsplätze im Unternehmen vor zu halten und die Angestellten hybrid, also teilweise im Homeoffice und teilweise im Büro, arbeiten zu lassen. Dies spart den Unternehmen einerseits zwar Mietkosten und Bürofläche, andererseits investieren viele von ihnen massiv Geld darin, um die Büroflächen möglichst attraktiv zu gestalten um ihr Personal nach den Corona-Jahren wieder ins Büro zu locken. Häufig bleibt die Nutzung dieser neu gestalteten Büroflächen dabei aber eher hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück, da sie nicht so intensiv genutzt werden wie das Unternehmen ursprünglich kalkuliert hatte. Parallel zu den Entwicklungen in der Dienstleistungsbranche entstehen mehr und mehr offene Büroflächen, sogenannte Coworking Spaces, in denen sich Startups oder Kleinunternehmer tageweise voll ausgestattete Arbeitsplätze oder Meetingräume anmieten können. Bring man diese beiden Beobachtungen in Korrelation, so wäre eine Denkbare Entwicklung, dass einige Unternehmen noch mehr oder gar ganz auf eigene Arbeitsplätze verzichten und Kooperationen mit Anbietern solcher Coworking Spaces eingehen und dann effektiv nur noch für die tatsächlich genutzten Arbeitsplätze bezahlen. Je nachdem wie solche Modelle gestaltet würden, wäre es ein großer Vorteil für uns, wenn wir für unsere Einsatzkräfte einen eigenen Coworking Space zur Verfügung halten. Auch für Studierende Einsatzkräfte oder solche die ein Handwerk gelernt haben und auf dem Weg in die Selbständigkeit sind, können von einer solchen feuerwehreigenen Coworking-Fläche profitieren, und sofern sie ihre direkte Einsatzbereitschaft im Tausch gegen den Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, profitieren beide Seiten.

Analyse des internen Bedarfs:

Da wir das Projekt in erster Linie zum Binden des bestehenden Personals durchführen und den Effekt, dies gezielt zur Mitgliedergewinnung zu nutzen, eher als Sekundär erachten, haben wir in der Mannschaft viele Gespräche geführt und Umfragen gemacht. Im Kern kam heraus, dass eine große Unzufriedenheit darin besteht, dass der Mannschaft selbst nur ein einziger Rechner im Feuerwehrhaus frei zugänglich ist, um im dort an Projekten zu arbeiten oder Übungen vor zu bereiten. Außerdem wurde moniert, dass viele Mitglieder keine Zutrittsberechtigung zum Feuerwehrhaus haben, was im Zuge des Projekts auch noch einmal beleuchtet wurde. Aus den Interviews mit unseren beiden Gerätewarten ergab sich, dass sie für ihre Arbeit immer mehr Zeit am Rechner verbringen müssen um zu dokumentieren, inventarisieren oder recherchieren. Ihnen stehen hierfür zwei Rechner in der Atemschutzwerkstatt oder in der Funkzentrale zur Verfügung, die aber nicht für längeres Arbeiten geeignet sind. Daher nutzen sie das Büro des Stadtbrandinspektors und des Stadtjugendfeuerwehrwarts mit, wo man sich aber "immer wieder in die Quere kommt". Zusammenfassend zu sagen ist ein Bedarf an zusätzlicher Büro- und Projektarbeitsfläche vorhanden.

Analyse Räumlichkeiten

Um Räumlichkeiten für unseren Ansatz zu finden haben wir die Nutzung unserer aktuellen Räumlichkeiten analysiert und hinterfragt. Das Ergebnis war, dass wir unsere bestehenden Räumlichkeiten in Teilen schlecht oder unsinnig nutzen. So hatten wir bspw. zwei Büros, die aus DSGVO Gründen verschlossen gehalten werden mussten, da hier Personalakten lagerten und Personendaten verarbeiten wurden. Hierbei handelte es sich einerseits um das Büro für die Stadtbrandinspektoren und das des Stadtjungendfeuerwehrwartes. Außerdem hatten wir einen Schulungsraum für die Jugendfeuerwehr ausgemacht, der aber schon seit Jahren zu klein für die Gruppengröße war, sodass die Jugendfeuerwehr für ihre theoretischen Unterrichte schon seit jeher den großen Unterrichtsraum der Einsatzabteilung in "friedlicher Koexistenz" mitbenutzt. Der ursprüngliche Schulungsraum für die Jugendfeuerwehr kam in Vergangenheit höchstens dann zum Einsatz, wenn die Gruppe einmal im Theorieunterricht aufgeteilt wurde, über die Jahre ist er dann mehr und mehr zu einem Lagerraum verkommen und wurde schlussendlich gar nicht mehr für die Jugendarbeit genutzt.

Konkretisierung des Konzepts:

Nach den Analysen konnten wir dann unser Konzept konkretisieren, welches vorsah, die Büros von Stadtbrandinspektor und Stadtjugendfeuerwehrwart zusammen zu legen und das Jugendfeuerwehrwart-Büro sowie den ungenutzten Jugendraum für die neue "Coworking Area" zu verwenden. Somit hatten wir zwei Räume zur Verfügung in die wir insgesamt sechs Arbeitsplätze eingeplant haben. Der Grund für sechs Arbeitsplätze liegt hierbei darin begründet, dass wir gemeinsam mit den beiden Gerätewarten dann bei maximaler Besetzung der Arbeitsplätze tagsüber genügend Personal vor Ort haben können, um entweder ein Löschgruppenfahrzeug oder ein Staffelfahrzeug mit Drehleiter personell gut besetzen zu können.

Weiter sah das Konzept vor, dass ein freies Gast-WLAN zur Verfügung gestellt wird, sodass die Mitglieder, die ihr Homeoffice aus der Feuerwehr machen, logisch vom Netzwerk der Feuerwehr getrennt arbeiten können. Die Grundlegende Technik hierfür war bereits vorhanden, lediglich ein zusätzlicher Accesspoint, der den neuen Bereich optimal mit WLAN ausleuchtet, musste angeschafft werden. Die Technik an den Wechsel- Arbeitsplätzen selbst beschränkte sich auf Monitore, Mäuse und Tastaturen. Diese wurden im Konzept so gewählt, dass sie unabhängig von Betriebssystem und Hersteller funktionieren und sowohl für Rechts- als auch Linkshänder geeignet sind. Die Monitore sollten 34'' Zoll Monitore mit eigebauter Docking-Station sein, da diese einerseits wie zwei einzelne Monitore verwendbar sind, aber keine separate Docking-Station benötigen. Andererseits war uns hierbei wichtig, dass die Ausstattung in der feuerwehreigenen Coworking-Area als besser oder gleichwertig im Vergleich zu dem wahrgenommen wird, was jede einzelne Einsatzkraft zu Hause oder im Büro hat. Wir sind überzeugt, dass das Konzept nur so funktionieren wird, weil somit ein Anreiz geschaffen wird, auch aus der Feuerwehr heraus arbeiten zu wollen. Auch die Akustik wurde bei den Planungen bedacht und ein Teppich mit schallschluckenden Eigenschaften sowie Akustikpaneele für die Wand eingeplant, sodass die Arbeitsatmosphäre möglichst angenehm und der Raum einladend wirkt. Für die kreative Nutzung als Unterrichts- oder Projektraum, sind beide Räume mit beschreibbaren Wänden aus Tafelfarbe geplant worden, außerdem verfügen sie über Fernseher an der Wand auf denen Präsentationen, Lagestabskarten oder allgemeine interne Infos angezeigt werden sollen. Darüber hinaus ist in den kleineren der beiden Räume zusätzlich eine kleine Kaffeeecke eingeplant worden. Der Umbau sollte von den Feuerwehrangehörigen weitestgehend in Eigenarbeit durchgeführt werden, um auch hier die Kameradschaft zu fördern und eine Verbindung / Verantwortungsgefühl zu den Räumlichkeiten zu bekommen.

Prüfen der Machbarkeit:

Mit dem Bürgermeister und dem ersten Stadtrat sind wir im Frühjahr 2023 in die Gespräche gegangen und haben das Konzept, das wir ursprünglich für den Haushalt von 2024 einplanen wollten, vorgestellt. Die beiden waren, wie auch die Feuerwehrführung, davon aber so überzeugt, dass sie veranlasst haben, dass die aus 2022 verbliebenen finanziellen Mittel in das Jahr 2023 übernommen werden konnten. Das Thema wurde darüber hinaus auch noch einmal rechtlich geprüft und ist in weiteren städtischen Gremien besprochen worden. Von beidem kamen keine Stimmen, die gegen die Durchführung des Projektes gestanden hätten.

Finanzierung und Zuwendungen:

Zur Finanzierung des Projekts konnten einerseits auf ein städtisches Budget und andererseits auf ein Budget aus den Mitteln des Feuerwehrvereins zurückgreifen. Insgesamt ergab sich so eine Summe von ca. 15.000 EUR die wir für die Maßnahmen zur Verfügung hatten. Neues Mobiliar für die Lagerräume sowie Schreibtische für die Coworking Fläche konnten wir über ein Unternehmen kostenfrei beziehen, das diese im Zuge von Umbaumaßen nicht mehr benötigte. Weitere Zuwendung bestanden in der Spende eines Fernsehers sowie das zur Verfügung stellen von Werkzeugen, aber auch intern vorhandenes Know How bspw. für die Prüfung von Elektro Verkabelungen für den neuen Bedarf oder das professionelle Verlegen eines Teppichs konnte genutzt werden.

Vorbereitung und Umsetzung:

Bevor das Projekt starten konnte, mussten die Räumlichkeiten zunächst einmal leer geräumt und grundsätzlich Platz geschafft werden. Hierfür mussten diverse alte Akten gesichtet und vernichtet, nicht mehr benötigtes Material entsorgt und Dokumente digitalisiert werden. Los ging es mit der Aktenvernichtung im Stadtbrandinspektor-Büro sowie dem Vorstandsbesprechungsraum, wo Ordner um Ordner mit Inhalten 10 Jahre und älter Aktenvernichter wanderten. Damit konnte Platz geschaffen werden um die Utensilien aus dem Jugendwartbüro um zu ziehen. Die eigentlichen Lagerräume der Jugendfeuerwehr wurden mit neuem Mobiliar ausgestattet, sodass Teile aus dem ehemaligen Jugendraum dort eingelagert werden konnten. Andere im Jugendraum gelagerten Gegenstände wurden entsorgt oder anderswo im Feuerwehrhaus gelagert. Anschließend konnten die Arbeiten in den beiden Räumen, die von uns gleichzeitig umgebaut wurden um nur einmal den Baustaub und Dreck zu haben, starten und eine Staubschutzwand im Flur installiert werden.

Umsetzung im alten Jugendraum:

Nachdem der alte Jugendraum leer geräumt war, konnten zunächst die Tapeten und der alte Laminatboden weichen. Unter dem Laminat kamen die Schaumstoffreste eines alten Teppichbodens zum Vorschein. Diese mussten zunächst aufwändig entfernt werden und die dann immer noch vorhanden Kleberreste mit einem Schleifgerät abgeschliffen. Die Wände für die Tafel wurden mit Rigips vorbereitet und die Akustikpaneele angebracht, sowie Netzwerkkabel für den Access Point verlegt. Die restlichen Wände wurden neu tapeziert und Decken und Wände komplett gestrichen. Im Anschluss konnte der Teppichboden verlegt werden, ein Sideboard aufgehängt werden und die Schreibtische eingeräumt werden. Danach konnten ein Fernseher installiert und die Monitore, Tastaturen und Mäuse aufgebaut werden. Schlussendlich konnten der Raum mit Sichtschutz und Vorhängen sowie Lampen und Pflanzen eine einladende Arbeitsatmosphäre geschaffen werden.

Umsetzung Jugendwartbüro:

Da das Jugendwartbüro früher einmal die Küche einer ans Feuerwehrhaus angegliederten Wohnung war, kam nach dem Abbau der Schränke der Fliesenspiegel der alten Küche zum Vorschein. Diese sollten ursprünglich abgeschlagen und die Wand neu verputzt werden, da hinter dem Fliesenspiegel aber eine Klinkerwand zu Vorschein kam, entschieden wir uns kurzfristig diese frei zu Legen. Das Vermörteln und Grundieren der Backsteinwand war ziemlich zeitaufwändig, aber nach vielen Strapazen konnten dann die Tapezier und Malerarbeiten vorgenommen werden, auch hier Akustikpaneele und ein Fernseher installiert und eine Tafelwand entstehen. Hiernach konnte der Teppich verlegt werden und die Schränke für die Kafeeecke, Sidebaords aufgebaut und die Schreibtische aufgestellt werden. Abschließend konnten auch hier die Technik auf den Schreibtischen installiert werden und abschließende Arbeiten erledigt werden.

Fazit und Ausblick:

Dass sich die Mühen der vergangenen Monate gelohnt haben, zeigte sich bereits als im ehemaligen Jugendraum, dem Raum der als erstes fertig gestellt wurde, die Schreibtische aufgestellt worden waren. So sind hier -noch vor der offiziellen Einweihung und bevor die Monitore aufgebaut waren - die ersten Einsatzkräfte für ihr Homeoffice eingezogen, um es schon einmal vorab auszuprobieren. Besonders schön zu sehen war, dass die Einsatzkräfte zum Testen nicht aufgefordert werden mussten sondern einfach von sich aus gemacht haben, und dass es Mitglieder aus allen Altersklassen waren. Auch für Projektarbeiten wurden die Räume direkt genutzt. So arbeitete das Projektteam, was sich derzeit um einen zeitgemäßeren Außenauftritt kümmert direkt an seinen neune Konzepten und das Social Media Team konnte die Fernsehwand schon einmal für Videointerviews testen, die sie künftig verwenden möchten. Bereits jetzt ist absehbar, dass das Konzept funktioniert und in der Mannschaft seinen Anklang findet. Als Lagestabsraum und für die Einsatzkoordination ist er nun ebenfalls nutzbar, wobei das noch getestet werden muss, wie dies am besten funktioniert. Am 14.12. fand die offizielle Eröffnung gemeinsam mit der Mannschaft und Vertretern der Stadt statt.



Quelle: Original-Content von: Kreisfeuerwehrverband Main-Taunus e.V., übermittelt durch news aktuell




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